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Tschingis Aitmatow "Dshamila"


Diese Nummer 773 der wunderschönen Insel-Bücherreihe des Inselverlages Leipzig von 1986 (!) las ich 16jährig erstmalig. Ich nahm es neulich wieder in die Hand und fühlte mich - das schmale Bändchen vor Augen - in diese Geschichte zurückversetzt, so wie Said zu Beginn der Erzählung beim Betrachten seines selbst gemalten Bildes.


Darum geht es...

Er erinnert sich darüber an den Sommer 1943, als er in seinem Heimatdorf (Ail) in der Nähe des Flusses Kurkureu in der kirgisischen Steppe die Geschichte von Dshamila und Danijar beobachtet und nun rückblickend erzählt:

 

So wie die meisten Männer des Dorfes ist auch der junge Said fasziniert von seiner Schwägerin Dshamila, die nicht nur schön ist, sondern selbstverständlich und souverän alle Arbeiten anstelle ihres Mannes Sadyk übernimmt, der als Soldat an der Front ist.

 

Eines Tages kommt Danijar kriegsversehrt zurück ins Dorf, ein schweigsamer Sonderling, über den alle, auch Said und Dshamila, spotten und lästern. Die drei - Said, Danijar und Dshamila - kümmern sich regelmäßig gemeinsam um den Transport der Getreidesäcke mit Pferdekutschen zum Bahnhof, auf einer dieser Rückfahrten beginnt Danijar plötzlich zu singen...


Mieze-Meinung zu Tschingis Aitmatow "Dshamila"

Man spürt beim Lesen die Hitze über der sommerlichen Steppe flirren und gleichzeitig die Gefühle zwischen den beiden wachsen und ausbrechen. Potenziert werden diese, da der Beobachter und Erzähler ein 15jähriger ist, der selbst kaum aus der Erfahrung greifen und beschreiben, sondern nur erfühlen kann, was er da beobachtet und indirekt miterlebt.

 

Zum einen das passive Erleben der Liebe zu Dshamila und zum anderen das aktive Hören des Gesangs Danijars sind für den jungen Mann Auslöser und Inspiration, seiner Berufung, dem Malen, nachzugehen und vehement das Studium der Künste einzufordern.

 

Getragen wird die Geschichte von Aitmatows ruhiger und unaufgeregter Erzählweise, die mir nur manches Mal ins zu Schwülstige abdriftet („In wonnetrunkenem Selbstvergessen ging ich neben dem Wagen her.“ S. 56), von der Wiederspiegelung der Liebe des Autors zu seiner Heimat in den Landschaftsbeschreibungen und von der besagten Dreierkonstellation der Hauptfiguren. Dshamila und Danijar verlassen schließlich das Ail, Said geht zum Kunststudium, sie brechen damit mit der sie argwöhnisch beobachtenden und traditionsverbundenen Dorfgemeinschaft. 

 

Der Zauber dieser Liebesgeschichte entfaltet sich auch nach Jahrzehnten wieder. Eine fast schon klassische Liebesgeschichte. Und immer noch sehr lesenswert.


Tschingis Aitmatow, Dshamila, Aus dem Russischen übertragen von Hartmut Herboth, Insel-Verlag Anton Kippenberg, 3. Auflage Leipzig 1986, 7 Seiten, damalige Bestell-Nr. 786 768 0 00125

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