Würdest du deinem besten Freund oder deiner besten Freundin einfach so bei allem, wirklich bei allem helfen, ihm oder ihr vertrauen, ohne vielleicht zu wissen, warum du etwas tun sollst?
Sie sind so neun, zehn. Sie hat Schnauze, ist schlagfertig, überdreht, er ist eher still und nachdenklich. Sie „schlechter Umgang“ für ihn, findet seine Mutter. Das löst sich von allein, als Josie wegzieht, zur „Neuen“ des Vaters. Fünfzehn Jahre später ist er ein erfolgreicher Immobilienmakler. Eines Tages meldet Josie sich unverhofft wieder. Sie wirkt so wie eh und je und braucht ihn als Kompagnon, in gewissen Angelegenheiten -
Als Ich-Erzähler berichtet er, der namenlos bleibt, über die Geschehnisse flapsig und immer wieder staunend, was er da eigentlich mitmacht. Seine unsichere und fast bagatellisierende Art zu erzählen, die mich oft schmunzeln ließ, und Josies Schnoddrigkeit halfen mir als Leserin, den Inhalt und den Ernst hinter dieser Geschichte, die als Thriller verpackt ist, zu ertragen. „Normal war das nicht.“ (S. 56), stellt er fest, und später wagt er - für sich - zu bedenken, dass wohl da „mitunter nicht ganz gesetzeskonforme Aktivitäten“ (S. 67) laufen…
Kaleidoskopartig blättert Alex Johansson die Dimensionen von Josies Plänen und deren Beweggründe auf. Was Josie antreibt und wozu sie ihren Freund einspannt - das alles bleibt - bis zum Ende - unfassbar. Aber schließlich erscheint Josies Handeln auch ganz logisch.
Eine Geschichte über eine Freundschaft, über Gegensätze, die darin keine Rolle spielen, über Loyalität und Vertrauen. Hat mich lange die Lockerheit des Erzählers getröstet, musste ich zum Schluss dann doch noch ganz schön schlucken.
Bitte findet heraus, warum! Alex Johanssons Debüt hat viele, viele Leser und Leserinnen verdient.
(TW: Gewalt, Missbrauch)
Alex Johansson, Die Beendigung aller Gefühle, BoD - Books on Demand, Norderstedt April 2022, 178 Seiten, ISBN 978 3 754 35956 3
Kommentar schreiben