Dies ist die Geschichte einer Frau.
Mit Familie, beruflich erfolgreich, verwitwet und wieder zurückgefunden ins Leben. Eine Frau, die allein lebt. Die selbstbewusst ist. Die reflektiert. Die trauert. Die sich erinnert. Die sich des Verlustes ihrer großen Liebe bewusst wird und von ihr enttäuscht ist. Die zweifelt. Die weiß, was sie will und dennoch unsicher ist. Die sich verletzlich zeigt und auch eigen. Eine Frau wie du und ich.
Würdest du nicht so auffallen, würdest du nicht so belästigt. (S. 129)
Dies ist die Geschichte einer Frau - die eines Tages anonyme Nachrichten über die neuen Medien erhält, in denen sie und ihr Leben und ihre Vergangenheit verunglimpft werden. Immer wieder und immer wieder, und Nachrichten gehen auch an ihre Familie, ihre Freunde, ihre Kollegen. Was soll sie tun?
Dies ist die Geschichte einer Frau. Einer wie du und ich.
Dies ist aber auch die Geschichte ihrer Umwelt, ihrer Mitmenschen und deren Reaktionen. Es geht ums Frausein, um Kontrollverlust, um Glaubwürdigkeit, ums Wegsehen, ums Banalisieren. Es geht eben auch und logisch um: Männer.
Doris Knecht wählt konsequenterweise Ruths Perspektive. Wie Ruth mehr und mehr aus ihrem ruhigen, wohl geordneten Leben gezogen wird, wie ihre Gedanken mehr und mehr um die Nachrichten und ihre Quelle kreisen, erzählt die Autorin sensibel, äußerst differenziert und glaubhaft.
Große Leseempfehlung.
Doris Knecht, geboren in Vorarlberg, ist Kolumnistin (u.a. beim Falter und den Vorarlberger Nachrichten) und Schriftstellerin. Ihr erster Roman, Gruber geht (2011), war für den Deutschen Buchpreis nominiert und wurde fürs Kino verfilmt. Zuletzt erschienen Besser (2013), Wald (2015), Alles über Beziehungen (2017) und weg (2019). Sie erhielt den Literaturpreis der Stiftung Ravensburger und den Buchpreis der Wiener Wirtschaft. Doris Knecht lebt mit Familie und Freunden in Wien und im Waldviertel.
Doris Knecht, Die Nachricht, Roman, Hanser Berlin, 2. Auflage 2021, 254, ISBN 978 3 446 27103 6
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