In zwei Zeitebenen lernen wir Walter kennen. In der Gegenwart ist der Endfünfziger Postbote, lebt allein und zurückgezogen und ist - ein Griesgram. So sehr, dass er sich willentlich in einen Kleinkrieg mit einem seiner Kunden begibt. Die Strafversetzung folgt – in das Weihnachtspostamt nach Engelskirchen…
Rückblickend lernen wir ihn in den 1970/80ern kennen. Er hatte eigentlich recht Glück im Leben – hat erfolgreich seine Ausbildung bei der Post absolviert, seine große Liebe gefunden, eine Familie gegründet, er wurde von der Schwiegerfamilie unterstützt und startete in deren Unternehmen beruflich durch … Aber er kennt auch im Extrem die Kehrseite – Herausforderungen und Fallen, die das Leben stellt in Gestalt von Menschen, Ereignissen, Gerüchten und Nachrichten, die mehr das Bild, das man von ihm von außen hat, prägen, als er es selbst gegenteilig beeinflussen kann…
Was will er? Eigene Träume und Entscheidungen hat er immer zurückgestellt. Da flattert ihm Post von dem zehnjährigen Ben in die Hände, nicht ans Christkind oder den Weihnachtsmann, sondern an Gott gerichtet – mit seiner Entscheidung, als solcher zu antworten, wird er mehr und mehr zur Bezugsperson und zum Helfer des Jungen und auch Ben hat Einfluss auf „Gott Walter“…
Lebendig und warm erzählt Andreas Izquierdo. Eine Lebensgeschichte von einem, der eine große Chance verpasst und einen Lebenstraum aufgibt, dafür Erwartungen erfüllt und in Momenten, da er rein seinem Gewissen geschuldet handelt, von seiner Umwelt gestraft wird.
Izquierdo zeigt auf, wie „ein guter Mann“, wie ein „Sonnenjunge“ (S. 94) fremdgesteuert in die Ecke gedrängt, beeinflusst und abgestempelt und schließlich als „kein guter Mann“ mehr wahrgenommen wird.
So ist es, das Leben. Oft nicht gerecht.
Herzensempfehlung. Und nicht nur ein Weihnachtsbuch.
Andreas Izquierdo ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte zahlreiche Romane, unter anderem "Das Glücksbüro" (2013), den SPIEGEL-Bestseller "Der Club der Traumtänzer" (2014) und "Fräulein Hedy träumt vom Fliegen" (2018). Zuletzt erschienen die historischen Romane "Schatten der Welt" (2020), ausgezeichnet mit dem bronzenen Homer, "Revolution der Träume" (2021) und "Labyrinth der Freiheit" (2022) sowie in einer Neuausgabe der preisgekrönte Roman "König von Albanien" (2023).
Andreas Izquierdo, Kein guter Mann, Roman, Dumont Buchverlag, September 2024, 395 Seiten, ISBN 978 3 7558 0515 1
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