· 

Markus Thielemann "Von Norden rollt ein Donner"


Schnell war ich in die Geschichte um Jannes und seine Familie verliebt. Markus Thielemann konzentriert sich auf die Sichtweise des jungen Mannes und auf die Verbundenheit mit „seiner Heide“ (S. 53)

„Diese Landschaft hat ihm Stricke um die Glieder gelegt, mit neunzehn“. (S. 58)

Markus Thielemann "Von Norden rollt ein Donner"
Markus Thielemann "Von Norden rollt ein Donner"

Jannes ist dennoch gerne Schafhirt, gerne mit den Tieren draußen in der Heide und hat mit seinen neunzehn Jahren einen Großteil der Arbeit übernommen. Aber im Familienbetrieb Schäferei ist er nicht nur mit den Sorgen und Belastungen um die Tiere und den Hof konfrontiert, sondern auch täglich den familiären Nöten ausgesetzt: Vater Friedrich ist aufgrund seiner beginnenden Demenz oft nicht mehr zuverlässig. Oma Erika kennt Jannes nur verwirrt und ist im Heim untergebracht. Mutter Sibylle hält alles und alle stoisch zusammen, und Opa Wilhelm rühmt sich zu gerne, einstmals den „Würger“, einen Wolf, erschossen zu haben. Und überhaupt der Wolf - Tiere werden gerissen, und die Heidebauern fühlen sich mit dem Wolf und seiner Bekämpfung von der Politik allein gelassen.

 

Thielemanns Erzählen ist naturalistisch, atmosphärisch, dicht, bedächtig – für mich süchtig machend. Doch so ruhig erzählt wird, zwischen den Seiten gärt es - Jannes plagt nicht nur eine immer wiederkehrende Erscheinung: eine Frau namens Rose, von der auch Oma Erika immer fantasierte - dieser Teil Mystik ist fließend gekonnt in den Text eingearbeitet. Sondern da donnert es auch von den Truppenübungsplätzen der Bundeswehr und Nato, vom nahen Rüstungsindustriewerk Rheinmetall, da sind Reste eines KZ-Außenlagers, und ein neu zugezogener, völkisch auftretender Nachbar begeistert Vater Friedrich…

 

Auch wenn ich „Von Norden rollt ein Donner“ sehr gerne gelesen habe, wollte der letzte, die 100 % voll machende Funken nicht so recht überspringen. Zuweilen war mir zu viel Düsternis und Schwere über der Heide und zu viel Passivität um Jannes - einen lustigen Dialog gab es zwischen Opa Wilhelm und Jannes beim Besuch des NDR, davon hätte ich mir mehr  gewünscht. Das Finale fand ich unheimlich stark gestaltet, hätte für mich aber auch ein paar Seiten früher enden können.

 

Fazit: Ein Roman, der völlig zurecht auf der Shortlist für den Buchpreis 2024 stand, und ein Autor - Markus Thielemann ist Jahrgang 1992 - von dem ich gespannt bin, was da noch so kommt! 


Markus Thielemann, geboren 1992, lebt in Hannover. Er studierte Geografie und Philosophie in Osnabrück, anschließend Literarisches Schreiben in Hildesheim. "Von Norden rollt ein Donner" ist sein zweiter Roman und für den Deutschen Buchpreis nominiert.


Markus Thielemann, Von Norden rollt ein Donner, Roman, Verlag C. H. Beck oHG, 7. Auflage, München 2024, 287 Seiten, ISBN 978 3 406 82247 0

Kommentar schreiben

Kommentare: 0